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PAPPELN UND WÖRTER VON FELIX HARTLAUB
In der Nacht waren die Pappeln zu hören, obschon es so nahe, daß man sie hören könnte, Pappeln nicht gibt. Anfang September. Beginnt die Spule zu laufen, stellen die alten Sätze sich ein. Der Sommer steht noch in den Tabakfeldern; die Frauen kommen aus der Stadt und tragen die Arbeitskleidung von Männern. Die Stimme, die alles nacherzählt, sucht nach fehlenden Resten. Zeitungsfetzen. Todesanzeigen; die Städte haben längst andere Namen. Wie kann man die Stimmung in jenen Tagen beschreiben (der Filmtitel, der einem einfällt, gehört hier nicht hin) – die Kinder spielten einfach weiter, und Feriengäste promenieren zwischen Waldesruh und Schöner Aussicht. Möglich das Brummen der Ju 52; sanft schaukeln auf Gummireifen Fuhrwerke durch die Allee; der Küstenwind schiebt quer übers Land die Machtgebilde der Wolken. Die Nachtwache horcht, das Fallobst schlägt auf. Man sieht nicht, wie es enden würde. Man sieht es auch jetzt nicht, wenn man die Ansichten, die Alben, das ganze Kartenmaterial zur Hand nimmt. Kein Güterzug kommt, die Bahnschranke geht nicht hoch, der Leiterwagen steht. Die Jahreszeit stellt das Jetzt wieder her, das stapelweise in den Schubladen liegt. Die Maisfelder rascheln; Staub weht der Mäher bis hinein in die Siedlung; ein Fesselballon steht über den Kühen. Der Gang zum Fenster, der Blick auf die Landschaft, wo die Bilder der Gleichzeitigkeit erscheinen, für einen Moment, dann sind sie wieder verschwunden, bis auf ein paar Wörter, Anfang September, Wagenkolonnen, Eimer mit Fallobst, Pappeln und taunasse Wiesen.
© Rango Bohne & Jürgen Becker |