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Kindheit

 

. . .

 

III

 

   Im Wald ist ein Vogel, sein Lied lässt dich innehalten und erröten.

   Es ist eine Uhr, die nicht schlägt.

   Es ist eine Schlucht mit einem Nest weißer Tiere.

   Es ist eine Kathedrale, die versinkt, und ein See, der aufsteigt.

   Es ist ein Wägelchen, das verlassen im Unterholz steht oder eilig den Pfad hinabrollt, mit bunten Bändern geschmückt.

   Es ist eine Schar kleiner Schauspieler in ihren Kostümen, erschaut auf der Straße, die durch den Saum des Waldes führt.

   Es ist zuletzt, wenn man Hunger und Durst hat, jemand, der dich fortjagt.

 

IV

 

   Ich bin der Heilige, im Gebet auf der Terrasse, - wie die friedlichen Tiere weiden bis ans Meer des Gelobten Landes.

   Ich bin der Gelehrte im dunklen Lehnstuhl. Zweige und Regen schlagen ans Fensterkreuz der Bibliothek.

   Ich bin der Fußgänger auf der Landstraße durchs Zwerggehölz; der Lärm der Schleusen übertönt meine Schritte. Ich blicke lange in die schwermütige Goldlauge der untergehenden Sonne.

   Ich könnte wohl dieses Kind sein, ausgesetzt auf der Mole, die hinausführt ins offene Meer, der kleine Junge, der die Allee entlanggeht, deren Stirn den Himmel berührt.

   Die Pfade sind rau. Die Hügel bedecken sich mit Ginster. Reglos die Luft. Fern sind die Vögel und Quellen! Ich käme nur ans Ende der Welt, wenn ich weiter ginge.

 

. . .

 

   Arthur Rimbaud

 

 

   Aus: Illuminations (Leuchtende Bilder).

   Übersetzung des Auszugs: Hubertus Thum.