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PROJEKT SPERLING Nr. 100 - 05. Februar 2009: DER GARTEN
Windenblüten –
Gott öffnet
seine blauen Augen
Hubertus Thum
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morning glories – God opens his blue eyes
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Die Vertreibung aus dem Paradies ist in ihrem Hauptteil ewig: Es ist also zwar die Vertreibung aus dem Paradies endgültig, das Leben in der Welt unausweichlich, die Ewigkeit des Vorgangs aber macht es trotzdem möglich, dass wir nicht nur dauernd im Paradiese bleiben könnten, sondern tatsächlich dort dauernd sind, gleichgültig ob wir es hier wissen oder nicht.
Franz Kafka
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Anmerkungen
Erstveröffentlichung (englische Version) in der japanischen Tageszeitung Mainichi Shimbun (The Mainichi Daily News), Tôkyô, 03. Januar 2009. Auswahl: Isamu Hashimoto.
Sechs der berühmten einhundertneun Zürauer Aphorismen, die Franz Kafka 1917 und Anfang 1918 niederschreibt, erkunden den vielleicht ältesten Mythos der Menschheit, das Paradies. Dabei entdeckt er Erstaunliches: Das Paradies ist nicht der Ort, an dem wir früher waren und dessen Bild als Erinnerung eines „Goldenen Zeitalters“ nachleuchtet, sondern immerwährende Gegenwart. An zentraler Stelle, umhüllt vom Gespinst irisierender Gedanken, das diese Sammlung dem Kokon mancher Schmetterlinge ähnlich macht, findet sich der alles entscheidende Satz: „Der Mensch kann nicht leben ohne ein dauerndes Vertrauen zu etwas Unzerstörbarem in sich, wobei sowohl das Unzerstörbare als auch das Vertrauen ihm dauernd verborgen bleiben können …“ Famous last words. „Wir müssen unseren Garten pflegen“, sagt Voltaire durch den Mund seines Helden Candide.
Kafkas Handschrift der Zürauer Aphorismen wird in der Bodleian Library, Oxford, aufbewahrt. Vgl. die Ausgabe von Roberto Calasso, Frankfurt am Main 2006, S. 75, 61 (Rechtschreibung modernisiert); ebenso Projekt Sperling Nr. 57. |
PROJEKT SPERLING Nr. 100 - 05. Februar 2009: DER GARTEN