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PROJEKT SPERLING Nr. 102 - 19. März 2009: DAS SPIEL
Zwielicht
er stellt die Figuren auf
und wartet
Gabriele Reinhard
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[ Zitat Oscar Wilde: Alle Kunst ist zugleich Oberfläche und Symbol … ]
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Anmerkungen
Gabriele Reinhard ist mit ihrem Kurzgedicht vom wartenden Spieler ein überzeugendes Haiku gelungen. Weitere Beispiele finden sich auf der Homepage www.gabriele-reinhard.de. Erstveröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis der Autorin.
„Von der Ecke aus konnte Lord Henry Wotton, der auf einem Diwan von persischen Satteldecken lag und, wie es seine Gewohnheit war, unzählige Zigaretten rauchte, gerade noch den Abglanz der honigsüßen und honigfarbenen Blüten des Goldregens gewahren, dessen zitternde Zweige die Last ihrer flammenden Schönheit kaum zu tragen vermochten; und dann und wann glitten die phantastischen Schatten fliegender Vögel über die langen seidenen Vorhänge, die über das große Fenster gespannt waren, was zuweilen nahezu japanisch wirkte, weil es ihn an jene bleichen Maler Tokios mit den Jadegesichtern erinnerte, welche durch die Mittel einer Kunst, die notwendig unbeweglich ist, den Eindruck von Behendigkeit und Bewegung zu erwecken suchen.“ Besäßen wir nur diesen Satz, herausgelöst aus dem Anfang des märchenhaften Romans Das Bildnis des Dorian Gray (The Picture of Dorian Gray, 1891), wüssten wir bereits viel über den Menschen und Künstler Oscar Wilde (1854 – 1900). Poetische Wahrnehmung und hohe Sensibilität, genießendes Auskosten des Schönen bis hin zum Ästhetizismus sowie ein waches Gespür für das Sinnbildliche der Naturerscheinungen sind Merkmale seiner außergewöhnlichen Persönlichkeit, die auch den jungen Schriftsteller und späteren Nobelpreisträger André Gide bei der schicksalhaften Begegnung mit Wilde in Nordafrika tief beeindruckten. Gide (1869 – 1951), zunächst dem Protestantismus zugewandt, verwarf darauf den ihm anerzogenen Glauben und wurde zum Verehrer sinnlicher Schönheit. Sein neues Lebensgefühl drückte er hymnisch in dem Buch Uns nährt die Erde (1897) aus. Die Vorrede zu Das Bildnis des Dorian Gray, der unser heutiges Zitat entnommen ist, enthält scharfzüngige Aphorismen, die – für sich allein betrachtet – das Werk bereits zur Lektüre ersten Ranges machen.
Quelle:
WILDE, OSCAR: Das Bildnis des Dorian Gray. Mit Illustrationen von Heinrich Heuer. Aus dem Französischen übersetzt von Ernst Sander. Gütersloh o.J., S. 6 (Zitat), 7. Die dortige Rechtschreibung wurde beibehalten. |
PROJEKT SPERLING Nr. 102 - 19. März 2009: DAS SPIEL