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PROJEKT SPERLING  Nr. 53 - 07. Februar 2008:  FERNES  NAHES  LAND

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Hazy moon.
A horn.The ferry leaves
the land of smiles.

 

 

Verschleierter Mond.
Ein Horn. Die Fähre legt ab
vom Land des Lächelns.

 

 

Beate Conrad

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Du bist Orplid, mein Land!
Das ferne leuchtet;
Vom Meere dampfet dein besonnter Strand
Den Nebel, so der Götter Wange feuchtet.

 

Uralte Wasser steigen
Verjüngt um deine Hüften, Kind!
Vor deiner Gottheit beugen
Sich Könige, die deine Wärter sind.
 

Eduard Mörike

 

 

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Anmerkungen

 

Beate Conrad, 1961 in Norddeutschland geboren, studierte Erziehungswissenschaften. Seit 2000 lebt und arbeitet sie in den USA. Mit dem Haiku kam sie erstmals 2005 in Berührung und fühlte sich durch seine vielschichtige Erlebbarkeit angezogen. Sie schrieb mir darüber: „Das Haiku ist für mich zum einen die Haltung des genauen Hinsehens, des Hinhörens und Empfindens im eigenen Leben, zum anderen der prägnante Ausdruck des Wesentlichen dieser Erfahrung im sprachlichen Bild. Es bedeutet Freude im Teilen, dem Wiedererkennen und dem sich Berührenlassen ohne Worte.“ Beide Versionen mit freundlicher Genehmigung von Beate Conrad, Waterford, MI. Internetadresse: www.beates.net

  

Das ferne Land oder die geheimnisvolle Insel sind ursprüngliche Bilder und Grunderfahrungen unserer Fantasie. In seinem Gesang Weylas, den Gottfried Benn als absoute Poesie bezeichnete, hat ihnen Eduard Mörike (1804 – 1875), das „Genie des Kindseins“, bleibende Gestalt verliehen. „So wie der Schrecken erregende Ozean das grünende Land umgibt, so liegt in der Seele des Menschen eine Insel Tahiti, voll Frieden und Freude …“, schreibt auch Herman Melville, und jene Insel, deren Bewohner, Meere und Mythen Paul Gauguin malte, ist – wie Mörikes Orplid – Teil des an sich namenlosen Kontinents: Terra incognita, ein weißer Fleck auf der inneren Weltkarte. Peter Handke sagt folgerichtig über die Gedichte Abbas Kiarostamis: „Undefinierbares Land, das alle diese in drei, höchstens vier Zeilen aufblitzenden kurzen Gedichtbilder sehen lassen. Und doch lassen sie, wie nur je Augenblicksgedichte, ein Land sehen – etwas wie das Land ‚Land’ – , ein gerade in der gleich wieder verschwundenen Kleinheit der Bilder sich auftuendes, ein grenzenloses.“  Es gehört zur Widersprüchlichkeit des Lebens, dass wir in diesem Land, haben wir es einmal entdeckt, nie verweilen, aber immer wieder dorthin zurückkehren können. 

 

Bibliografische Angaben: Alte Wunder wieder scheinen. Gedichte der deutschen Romantik, hrsg. von Walter Flemmer. München und Zürich 1987, S. 283 (Gesang Weylas); vgl. hierzu auch die Dissertation von Jeffrey Todd Adams: Eduard Mörike’ s „Orplid“: Myth and the Poetic Mind. Germanistische Texte und Studien, Band 19. Hildesheim, Zürich, New York 1984. Herman Melville: Undatierter Auszug, Archiv d. Verf. Peter Handke: Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Verlages aus Abbas Kiarostami: In Begleitung des Windes. Gedichte. Frankfurt am Main 2004, S. 231 - 232.

 

 

 

 

PROJEKT SPERLING  Nr. 53 - 07. Februar 2008:  FERNES  NAHES  LAND

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