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PROJEKT SPERLING  Nr. 62 - 17. April 2008: VOM  ALLTÄGLICHEN  (MUNDART II)

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Bi dän Vehannel. 
Dat Prüümken
van ene Bak in de ännere

 

 

Beim Viehhandel.
Der Priem
von einer Backe in die andere

 

 

Claudia Brefeld

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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[ Zitat Fernando Pessoa:

Es liegt für mich ... eine Fülle von Bedeutung …]

 

 

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Anmerkungen

 

Claudia Brefeld, Jahrgang 1956, widmet sich seit 2004 intensiv dem Haiku. Darüber hinaus fotografiert, zeichnet und malt sie ausgesprochen talentiert. Beeindruckende Beispiele aus ihrer Haikuwerkstatt wurden in den Ausgaben 10, 22, 37 und 54 vorgestellt. Aufmerksamkeit verdient auch die Pflege, die sie den deutschen Mundarten angedeihen lässt. Auf ihrer Homepage http://www.artgerecht-und-ungebunden.de hat sie den vom Erlöschen bedrohten Dialekten und altem Brauchtum eine Heimstatt geschaffen. Ihr Haiku in der Mundart des Münsterlandes verrät viel über die Gelassenheit, Widerstandsfähigkeit und Hartnäckigkeit eines Menschenschlages, der sich bis heute gegen die Hektik des „modernen“ Lebens behauptet hat. Beide Versionen mit freundlicher Genehmigung von Claudia Brefeld.

 

Der portugiesische Dichter Fernando Pessoa (1888 – 1935), der fünfzig Jahre nach seinem Tod mit dem Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares in Deutschland für ein literarisches Ereignis ersten Ranges sorgte, hat sich – wie viele Schriftsteller, Maler und Musiker vor und nach ihm – in seinem Schaffen zur Bedeutung des Alltäglichen bekannt. Die Erfahrung, der diese geistige Haltung zugrunde liegt, ist jedoch nicht auf den sensiblen Künstler begrenzt. In einem Augenblick ursprünglichen Schauens kann sie von jedem Menschen gemacht werden. Plötzlich „sehen“ wir: Die Wahrheit ist einfach; sie liegt als Kiesel am Wegrand, wächst dort als Gras. Es ist kein Zufall, dass die lyrische Gattung „Haiku“ gerade in Japan entstand, wo die intuitive Wahrnehmung und Wertschätzung vergänglicher Schönheit, die sich im Schlichten, Rauen, Groben, Alltäglichen und Unvollkommenen oder gar Zerfallenden offenbart, seit vielen Jahrhunderten geübt und gefördert wird. Diesen Errungenschaften verdankt die japanische Kunst ihre ganz auf das Wesentliche abzielende Meisterschaft.

Das Zitat stammt aus Fernando Pessoa: Dokumente zur Person und ausgewählte Briefe. Aus dem Portugiesischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Georg Rudolf Lind. Zürich 1988, S. 20 (Original in englischer Sprache; die Übertragung wurde geringfügig überarbeitet). Vgl. die Ausgaben 35 und 36.

 

 

 

 

PROJEKT SPERLING  Nr. 62 - 17. April 2008: VOM  ALLTÄGLICHEN  (MUNDART II)

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